Beschaffung & Einkauf: Die wichtigsten Kennzahlen & KPIs zur Steuerung
"Was man nicht messen kann, kann man nicht lenken." Dieses Zitat bringt die zentrale Herausforderung im modernen Einkauf auf den Punkt. Lange als rein operative Abteilung betrachtet, hat sich die Beschaffung zu einem entscheidenden strategischen Partner entwickelt, der maßgeblich zum Unternehmenserfolg beiträgt. Doch wie lässt sich dieser Wertbeitrag sichtbar und steuerbar machen? Die Antwort liegt in einem durchdachten System aus Kennzahlen, auch Key Performance Indicators (KPIs) genannt.
Ein professionelles Einkaufscontrolling auf Basis der richtigen Kennzahlen macht die Leistung transparent, deckt Einsparpotenziale auf und hilft, Risiken zu minimieren. Dieser Artikel ist Ihr Leitfaden zum Aufbau eines solchen Systems. Wir beleuchten, wie Sie die passenden Kennzahlen für Ihre Ziele auswählen und kategorisieren.
Was sind Beschaffungskennzahlen?
Beschaffungskennzahlen (oder Einkaufskennzahlen) sind quantifizierbare Messgrößen, die dazu dienen, die Leistung, Effizienz und Effektivität von Einkaufs- und Beschaffungsprozessen zu bewerten. Sie setzen die Aktivitäten des Einkaufs in ein Verhältnis zu dessen strategischen und operativen Zielen. Als Key Performance Indicators (KPIs) verdichten sie komplexe Sachverhalte und ermöglichen so eine datengestützte Steuerung und Optimierung.
Warum sind Kennzahlen im Einkauf unverzichtbar?
Der Einsatz von KPIs in der Beschaffung geht weit über das reine Sammeln von Daten hinaus. Er ist die Grundlage für fundierte Entscheidungen und die kontinuierliche Weiterentwicklung der gesamten Abteilung. Ein robustes Kennzahlensystem bietet vier entscheidende Vorteile:
- Objektivität und Transparenz
Kennzahlen ersetzen subjektive Einschätzungen durch harte Fakten. Sie machen die Leistungen des Einkaufs für die Unternehmensführung und andere Abteilungen wie den Vertrieb oder die Produktion sichtbar und nachvollziehbar. Die Aussagekraft guter KPIs schafft eine gemeinsame Diskussionsgrundlage. - Strategische Ausrichtung
Ein moderner Einkauf agiert strategisch. Kennzahlen stellen sicher, dass die täglichen Einkaufsaktivitäten auf die übergeordneten Unternehmensziele einzahlen. Ob Kostensenkung, Innovationsförderung oder Risikominimierung – KPIs übersetzen die Einkaufsstrategie in messbare Ergebnisse. - Aufdecken von Verbesserungspotenzialen
KPIs wirken wie ein Frühwarnsystem. Sie zeigen auf, wo Prozesse ineffizient sind (z.B. hohe Kosten je Bestellvorgang), wo unnötige Ausgaben entstehen (z.B. hohe Maverick-Buying-Rate) oder wo Risiken lauern (z.B. eine zu hohe Abhängigkeit von einem einzelnen Lieferant). - Fundierte Lieferantenbewertung
Kennzahlen wie die Liefertermintreue, die Reklamationsquote oder die Preisentwicklung bieten eine objektive Basis für die Bewertung und Entwicklung von Lieferanten. So werden Lieferantenbeziehungen gestärkt und die Zuverlässigkeit der gesamten Lieferkette erhöht.

Kategorisierung von Kennzahlen für den Überblick
Um ein solches ausgewogenes System aufzubauen, ist die Kategorisierung der KPIs ein entscheidender erster Schritt. Dies schafft nicht nur Struktur, sondern stellt auch sicher, dass Sie die Leistung Ihrer Beschaffung aus verschiedenen, wichtigen Blickwinkeln betrachten.
Strategische vs. Operative Kennzahlen
Eine der wichtigsten Unterscheidungen ist die zwischen strategischen und operativen Kennzahlen. Beide Ebenen sind wichtig, beantworten aber unterschiedliche Fragen.
- Strategische Kennzahlen: Diese sind langfristig orientiert und messen den Beitrag des Einkaufs zu den übergeordneten Unternehmenszielen. Sie geben Auskunft darüber, ob der Einkauf die richtigen Dinge tut. Beispiele sind die Entwicklung der Lieferantenbasis, die Reduzierung von Versorgungsrisiken oder der Wertbeitrag durch Innovationen von Lieferanten.
- Operative Kennzahlen: Diese KPIs konzentrieren sich auf die Effizienz und Qualität der täglichen Prozesse. Sie messen, wie gut der Einkauf seine Aufgaben erledigt. Hierzu zählen Klassiker wie die Kosten je Bestellvorgang, die Liefertermintreue oder die Anzahl der Bestellungen je Einkäufer.

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Jetzt lesenEinteilung nach Zieldimensionen: Kosten, Qualität und Zeit
Ein weiteres bewährtes Modell zur Strukturierung ist das "magische Dreieck", das die Zieldimensionen Kosten, Qualität und Zeit in den Fokus rückt. Ein gutes KPI-System sollte Kennzahlen aus allen drei Bereichen enthalten, um eine einseitige Optimierung zu vermeiden.
- Kosten: Hier geht es um die finanziellen Aspekte der Beschaffung. Wichtige KPIs sind Einsparungen (Savings), Preisentwicklung im Vergleich zum Markt, Prozesskosten (z.B. Kosten je Bestellung) und die Betrachtung der Gesamtkosten (Total Cost of Ownership, TCO).
- Qualität: Diese Dimension misst die Güte der eingekauften Produkte und Dienstleistungen sowie die Zuverlässigkeit der Lieferanten. Beispiele sind die Reklamationsquote, Ergebnisse von Lieferantenaudits oder der Erfüllungsgrad von Rahmenverträgen.
- Zeit: Zeit-Kennzahlen bewerten die Geschwindigkeit und Pünktlichkeit der Prozesse. Hierzu gehören die Liefertermintreue in Prozent, die durchschnittliche Wiederbeschaffungszeit oder die Durchlaufzeit von der Bestellanforderung bis zur Lieferung.

Wichtige Beispiele für Beschaffungskennzahlen
Die Theorie lässt sich am besten an konkreten Beispielen verdeutlichen. Die folgenden KPIs gehören in vielen Unternehmen zu den wichtigsten Gradmessern für den Einkaufserfolg:
- Maverick-Buying-Rate: Diese Kennzahl misst den Anteil der Beschaffungen, die an den standardisierten Prozessen des Einkaufs vorbei getätigt werden (wilder Einkauf). Eine hohe Rate deutet auf ineffiziente Prozesse oder mangelnde Akzeptanz der Einkaufsabteilung hin und verhindert die Realisierung von Bündelungseffekten.
- Lieferantenzuverlässigkeit (OTIF – On-Time, In-Full): Dieser KPI kombiniert zwei entscheidende Faktoren: die Liefertermintreue (On-Time) und die Liefermengentreue (In-Full). Er gibt prozentual an, wie viele Bestellungen pünktlich und vollständig geliefert wurden und ist ein zentraler Indikator für die Zuverlässigkeit Ihrer Lieferanten.
- Automatisierungsgrad: Der prozentuale Anteil der Bestellungen, die vollständig automatisiert – zum Beispiel über eine E-Procurement-Plattform – abgewickelt werden. Diese Kennzahl ist ein direkter Indikator für die Prozesseffizienz und das Potenzial zur Senkung der Kosten je Bestellvorgang.
- Einsparungen (Savings): Der Klassiker im Einkaufscontrolling. Hier werden die durch Verhandlungen oder Prozessoptimierungen erzielten Kostensenkungen im Vergleich zu einer definierten Basis (z.B. Vorjahrespreis) gemessen.

Von der Kennzahl zur Handlung
Die besten Dashboards und die präzisesten Kennzahlen sind wertlos, wenn aus ihnen keine Taten folgen. KPIs sind kein Selbstzweck, sondern ein Instrument zur Steuerung. Ihre wahre Kraft entfalten sie erst, wenn sie als Ausgangspunkt für gezielte Maßnahmen zur Verbesserung genutzt werden.
Der Prozess ist zyklisch:
- Messen: Erheben Sie die definierten Kennzahlen.
- Analysieren: Vergleichen Sie die Ergebnisse mit den Zielen und identifizieren Sie Abweichungen.
- Verbessern: Leiten Sie konkrete Maßnahmen ab, um die Ursachen für negative Entwicklungen zu beheben.
- Kontrollieren: Messen Sie erneut, um den Erfolg Ihrer Maßnahmen zu überprüfen.
So wird das Kennzahlensystem zum Motor für eine kontinuierliche Optimierung und stellt sicher, dass Ihr Einkauf als strategischer Partner im Unternehmen wahrgenommen wird.
Häufige Fragen und Antworten (FAQs)
Welche Kennzahl ist die wichtigste im Einkauf?
Es gibt nicht die eine wichtigste Kennzahl. Die Auswahl hängt immer von der individuellen Unternehmensstrategie ab. Während für manche die Kostensenkung im Vordergrund steht, ist für andere die Lieferantenzuverlässigkeit oder die Innovationsrate entscheidend.
Wie viele KPIs sollte man im Einkauf verfolgen?
Weniger ist oft mehr. Ein Set von 5-10 strategischen und operativen Hauptkennzahlen, die auf einem Dashboard visualisiert werden, ist in der Regel effektiver als die Erhebung von 50 oder mehr Einzeldaten, die niemand mehr überblickt.
Wie kann simple system bei der Erfassung von Kennzahlen helfen?
Eine E-Procurement-Plattform wie simple system digitalisiert und standardisiert den gesamten Beschaffungsprozess. Dadurch werden viele Kennzahlen, wie die Prozesskosten pro Bestellung, die Nutzung von Rahmenverträgen oder die Maverick-Buying-Rate, automatisch erfasst und können transparent ausgewertet werden.