Strategische Beschaffung: Mehr als nur Einkauf – Ihr Weg zum nachhaltigen Wettbewerbsvorteil
Wenn Sie an den Einkauf in Ihrem Unternehmen denken, was kommt Ihnen zuerst in den Sinn? Wahrscheinlich das Auslösen von Bestellungen, das Einholen von Angeboten oder das Verwalten von Warenbeständen. Diese Aufgaben sind ohne Zweifel essenziell, stellen aber nur die Spitze des Eisbergs dar – den operativen Teil. Die wahre Wertschöpfung und die Sicherung der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit liegen tiefer verborgen: in der strategischen Beschaffung.
Sie ist der Motor, der nicht nur Kosten optimiert, sondern auch Innovationen fördert, Risiken minimiert und Ihr Unternehmen langfristig stärkt. In diesem umfassenden Leitfaden zeigen wir Ihnen, was strategische Beschaffung wirklich bedeutet, wie sie sich vom operativen Einkauf unterscheidet und wie Sie einen robusten Prozess dafür in Ihrem Unternehmen etablieren.
Die strategische Beschaffung ist ein ganzheitlicher und langfristig ausgerichteter Managementansatz, der darauf abzielt, die Beschaffungsaktivitäten eines Unternehmens systematisch an den übergeordneten Unternehmenszielen auszurichten. Anstatt sich nur auf den niedrigsten Preis zu konzentrieren, werden alle Aspekte des Einkaufs von Gütern und Dienstleistungen – von der Marktanalyse über die Lieferantenauswahl bis hin zum Risikomanagement – analysiert und optimiert, um einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil und die Versorgungssicherheit sicherzustellen. Sie ist eine Kerndisziplin der gesamten Beschaffung.
Die Ziele der strategischen Beschaffung: Weit über die reine Kostenreduktion hinaus
Während der operative Einkauf primär darauf abzielt, den aktuellen Bedarf zu decken, verfolgt die strategische Beschaffung weitreichendere und fundamentalere Ziele. Es geht darum, proaktiv die Weichen für den zukünftigen Unternehmenserfolg zu stellen. Die Festlegung dieser strategischen Ziele ist der erste Schritt, um den gesamten Beschaffungsprozess zu optimieren und messbare Ergebnisse zu erzielen. Bei unseren Kundenprojekten beobachten wir oft, dass eine klare Zieldefinition der entscheidende Faktor für eine erfolgreiche Umsetzung ist.
- Langfristige Kosteneinsparungen: Hier geht es nicht nur um den Einkaufspreis, sondern um die Total Cost of Ownership (TCO). Analysiert werden alle Kosten, die ein Produkt über seinen Lebenszyklus verursacht – von der Anschaffung über die Nutzung bis zur Entsorgung. Ziel ist es, die Gesamtkosten nachhaltig zu senken.
- Risikomanagement und Versorgungssicherheit: Ein zentrales Ziel ist es, potenzielle Risiken in der Lieferkette frühzeitig zu erkennen und zu minimieren. Dazu gehören die Identifizierung von Engpässen, die Entwicklung alternativer Lieferanten und die Absicherung gegen unvorhergesehene Ereignisse wie politische Instabilitäten oder Naturkatastrophen.
- Qualitäts- und Innovationssteigerung: Durch die Auswahl der richtigen Lieferanten und den Aufbau von strategischen Partnerschaften wird nicht nur eine hohe Qualität der beschafften Güter und Dienstleistungen sichergestellt. Vielmehr wird der Lieferant als Partner für Innovationen gesehen, der wertvolles Know-how in die eigene Produktentwicklung einbringt.
- Aufbau starker Lieferantenbeziehungen: Anstelle von kurzfristigen, rein transaktionalen Beziehungen werden langfristige, partnerschaftliche Lieferantenbeziehungen angestrebt. Dies fördert Vertrauen, Zuverlässigkeit und die Bereitschaft beider Seiten, gemeinsam Prozesse zu verbessern und Mehrwert zu schaffen.
- Förderung von Nachhaltigkeit: Immer mehr Unternehmen integrieren Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Beschaffungsstrategie. Die nachhaltige Beschaffung berücksichtigt ökologische und soziale Kriterien bei der Lieferantenauswahl und trägt so zur Corporate Social Responsibility (CSR) bei.
Strategisch vs. Operativ: Der fundamentale Unterschied im Einkauf
Um die Bedeutung der strategischen Beschaffung vollständig zu erfassen, ist die Abgrenzung zum operativen Einkauf unerlässlich. Beide Bereiche sind notwendig und greifen ineinander, doch ihre Aufgaben, Ziele und Zeithorizonte unterscheiden sich fundamental. Während der operative Einkauf reaktiv auf bestehende Bedarfe reagiert, agiert der strategische Einkauf proaktiv und vorausschauend.
Die operative Beschaffung ist das Tagesgeschäft: Sie stellt sicher, dass die richtigen Materialien zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind, um die Produktion und den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Sie ist auf Effizienz in den Arbeitsabläufen fokussiert, etwa durch die Automatisierung von Bestellungen.
Die strategische Beschaffung hingegen schafft den Rahmen für diese operativen Tätigkeiten. Sie trifft fundierte Entscheidungen darüber, was von welchen Lieferanten zu welchen Konditionen langfristig beschafft wird. Diese Trennung ist entscheidend, denn ohne eine klare strategische Ausrichtung laufen operative Effizienzsteigerungen ins Leere oder führen sogar zu suboptimalen Ergebnissen für das Gesamtunternehmen.


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Jetzt lesenDer Prozess der strategischen Beschaffung: Ein strukturierter 7-Schritte-Ansatz
Eine erfolgreiche strategische Beschaffung ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis eines systematischen und datengestützten Prozesses. Während die spezifische Implementierung je nach Branche und Unternehmensgröße variieren kann, ist ein strukturierter Ansatz entscheidend, um sicherzustellen, dass alle relevanten Faktoren berücksichtigt und fundierte Entscheidungen getroffen werden. Das folgende 7-Schritte-Modell hat sich in der Praxis bewährt und bietet Ihnen einen klaren Fahrplan zur nachhaltigen Optimierung Ihrer Beschaffungsaktivitäten und zur Realisierung von Wettbewerbsvorteilen.

Schritt 1: Detaillierte Bedarfsanalyse und Spezifikation
Am Anfang jedes Beschaffungsprozesses steht die präzise Ermittlung und Definition der internen Anforderungen. Was genau wird benötigt? In welchen Mengen, in welcher Qualität und zu welchem Zeitpunkt? Diese Analyse geht weit über die reine Produktbeschreibung hinaus und umfasst auch technische Spezifikationen, logistische Anforderungen des Unternehmens sowie die langfristige Planung des Bedarfs. Eine unklare oder unvollständige Spezifikation führt fast unweigerlich zu einer ineffizienten Lieferantenauswahl und potenziell höheren Gesamtkosten.
Schritt 2: Umfassende Marktanalyse
Mit den klar definierten Anforderungen folgt der Blick nach außen auf die relevanten Beschaffungsmärkte. Wer sind die potenziellen Lieferanten? Wie sind die Machtverhältnisse (Käufer- vs. Verkäufermarkt)? Welche technologischen Trends, innovativen Materialien oder potenziellen Risiken gibt es? Für eine fundierte Marktanalyse werden verschiedene Quellen genutzt. So veröffentlicht beispielsweise der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) regelmäßig Studien, die wertvolle Einblicke in aktuelle Entwicklungen liefern und bei strategischen Entscheidungen helfen.
Schritt 3: Lieferantenidentifikation und -bewertung
Basierend auf der Marktanalyse wird eine Liste möglicher Lieferanten (Longlist) erstellt. Diese werden anschließend systematisch anhand vorab festgelegter Kriterien bewertet. Typische Kriterien für die Bewertung von Lieferanten sind Preis, Qualität, Zuverlässigkeit, finanzielle Stabilität, Innovationskraft und zunehmend auch Nachhaltigkeitsaspekte. Ziel dieses Schrittes ist es, eine Shortlist der am besten geeigneten Partner zu erstellen, mit denen Verhandlungen aufgenommen werden.
Schritt 4: Entwicklung der Beschaffungsstrategie
Nun wird die eigentliche Beschaffungsstrategie pro Warengruppe oder Dienstleistung festgelegt. Entscheiden Sie sich für einen einzigen Lieferanten (Single Sourcing), um Mengen zu bündeln und bessere Konditionen zu verhandeln? Oder verteilen Sie das Risiko bewusst auf mehrere Partner (Multiple Sourcing), um die Versorgungssicherheit zu erhöhen? Suchen Sie eine langfristige, strategische Partnerschaft oder führen Sie eine standardisierte Ausschreibung für einen klar definierten Bedarf durch? Die hier getroffenen Entscheidungen definieren den Weg zum Ziel.
Schritt 5: Ausschreibung, Verhandlung und Vertragsabschluss
Die ausgewählten Lieferanten der Shortlist werden zur Angebotsabgabe aufgefordert (Request for Proposal, RFP). In dieser Phase ist Verhandlungsgeschick entscheidend, um nicht nur den besten Preis, sondern auch optimale Zahlungsbedingungen, Lieferzeiten und Service-Level-Agreements (SLAs) auszuhandeln. Das Ergebnis ist ein rechtssicherer Vertrag, der die Grundlage für die zukünftige Zusammenarbeit bildet und im Vertragsmanagement verwaltet wird.
Schritt 6: Implementierung und Integration
Ein neuer Vertrag oder Lieferant muss sorgfältig im Unternehmen eingeführt werden. Dies erfordert ein durchdachtes Change Management, um sicherzustellen, dass alle relevanten Abteilungen informiert sind und die neuen Prozesse reibungslos in die bestehenden Arbeitsabläufe integriert werden. Die Implementierung umfasst oft auch die technische Anbindung des Lieferanten an die eigenen Systeme, um Bestellungen und Abrechnungen zu automatisieren.
Schritt 7: Kontinuierliches Lieferantenmanagement und Controlling
Die strategische Beschaffung ist kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Zyklus der Optimierung. Nach dem Vertragsabschluss beginnt das aktive Lieferantenmanagement. Die Leistung des Lieferanten wird anhand von Kennzahlen (KPIs) überwacht, es finden regelmäßige Feedbackgespräche statt und es wird gemeinsam an der Prozessoptimierung gearbeitet. Dieses Controlling stellt sicher, dass die strategischen Ziele langfristig erreicht werden und ermöglicht es, bei Abweichungen frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.
Fazit
Die strategische Beschaffung verwandelt den Einkauf von einer reinen Kostenstelle in einen zentralen Werttreiber. Wer proaktiv plant und auf starke Partnerschaften setzt, minimiert Risiken und sichert sich langfristige Marktvorteile. Nutzen Sie den vorgestellten 7-Schritte-Prozess, um diese Potenziale zu heben und Ihr Unternehmen zukunftssicher aufzustellen – der beste Zeitpunkt für diese Transformation ist jetzt.




